Was bedeutet ACHT? ACHT steht kurz für: Adipositas Care & Health Therapy
Was beinhaltet ACHT?
ACHT ist ein Programm für eine strukturierte, sektorenübergreifende Versorgung nach einer chirurgischen Adipositasbehandlung, der so genannten bariatrisch-metabolischen Operation.
Was ist neu?
Bisher gibt es keine strukturierten Versorgungsprogramme für Patienten nach metabolisch-bariatrischer Operation.
Wie wird ACHT finanziert?
ACHT wird aus Mittel des Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses gefördert.
Welche Ziele verfolgt ACHT?
(1) Sicherung des langfristigen Therapieerfolges nach einer Operation
(2) Untersuchung des Nutzens von ACHT für den Patienten und das Gesundheitssystem.
Motivation
In Deutschland ist jeder zweite Erwachsene übergewichtig, jeder vierte adipös. Betroffene leiden sowohl körperlich als auch psychisch unter der chronischen Erkrankung. Durch Adipositas erhöht sich das Risiko an weiteren Krankheiten, wie Herzinsuffizienz, Diabetes oder Krebs, zu erkranken erheblich. Neben den Einschränkungen für die Betroffenen sind die hohen Kosten der Folge- und Begleiterkrankungen eine Herausforderung für das Gesundheitssystem. Können durch eine konservative Behandlung die Therapieziele nicht erreicht werden, ist die bariatrische-metabolische Operation (OP) eine wirksame Behandlungsoption zur Therapie der höher-gradigen Adipositas.
Aktuell existieren verschiedene Operationstechniken, z. B. der Magenbypass oder der Schlauchmagen. Nach einer bariatrisch-metabolischen OP sollten die Patient*innen eine langfriste Versorgung und lebenslange Betreuung erhalten. Verschiedene medizinische Fachrichtungen (z. B. Allgemeinmediziner*innen, Ernährungsmediziner*innen, Chirurg*innen) und Fachkräfte zur Ernährungsberatung sollten dabei eng zusammenarbeiten. Dies soll den nachhaltigen Therapieerfolg sichern. Auch mögliche Komplikationen, Ernährungsprobleme oder Mangelzustände, z. B. von Vitaminen oder Mineralstoffen, sind rechtzeitig zu identifizieren und zu behandeln. Hier liegt die zentrale Herausforderung. Da es noch keine strukturierten Versorgungsprogramme nach bariatrisch-metabolischen Operationen gibt, erfolgt aktuell die Nachsorge der Betroffen meist durch die jeweiligen Adipositaszentren. Es bedarf dringend neuer Versorgungskonzepte, die eine nachhaltige und qualitativ hochwertige Versorgung für die Patient*innen nach der Operation sicherstellen.
Das Versorgungsprogramm ACHT
ACHT ermöglicht erstmals eine strukturierte, wohnortnahe postoperative Betreuung bariatrischer Patient*innen außerhalb der Adipositaszentren. Dazu arbeiten die Zentren mit spezifisch geschulten niedergelassenen Ärzt*innen eng zusammen. Die Schulung der Praxen erfolgt über ein eigens für ACHT entwickeltes eLearning-Angebot. Einen ganz neuen Ansatz verfolgt ACHT mit den Adipositas-Lotsinnen und -Lotsen. Die Adipositas-Lotsinnen und -Lotsen begleiten die Patient*innen nach der OP und koordinieren den Versorgungsprozess. Die persönliche und individuelle Betreuung soll die Patient*innen unterstützen, Therapieziele einzuhalten und damit den Therapieerfolg positiv beeinflussen. Die Vernetzung der beteiligten Adipositas-Lotsinnen und -Lotsen, Ärztinnen, Ärzte und Therapeut*innen sowie das Monitoring des Therapieerfolgs erfolgt durch die gemeinsame Arbeit mit einer webbasierten, interoperablen Fallakte. Den Patient*innen wird eine App zur Verfügung gestellt. Das Versorgungsprogramm setzt sich insgesamt aus acht Bausteinen zusammen. Diese greifen ineinander mit dem Ziel, sowohl den langfristigen Therapieerfolg zu sichern als auch die Lebensqualität der Patienten zu verbessern.
Strukturierte, wohnortnahe Nachsorge in speziell geschulten ACHT-Nachsorgepraxen
- Möglichst heimatnahe Versorgung der Patient*innen durch spezifisch geschulte niedergelassene Ärztinnen und Ärzte
- Regelmäßige Anpassung der Diabetes-, Hypertonie- und der sonstigen medikamentösen Therapie
- Frühe Identifikation von möglichen postoperativen Problemen anhand standardisierter Checklisten und ggf. gezielte Einleitung medizinischer Maßnahmen
- Einführung relevanter Laboruntersuchungen, die aktuell im vertragsärztlichen Bereich nicht vergütet werden, jedoch essentieller Bestandteil einer wirksamen Nachsorge sind
Adipositas-Lotsin und -Lotse
- Zentrale, regional verankerte Koordinationsstelle zwischen den Adipositaszentren und den ACHT-Nachsorgepraxen
- Zentrale Kontaktperson für die Patient*innen – telefonisch und durch die Adipositas-App mit den Patient*innen in regelmäßigem Kontakt
- Monitoring- und Motivationsfunktion
- Mitarbeiter*innen des jeweils operierenden Adipositaszentrum
Adipositas-App
- Stellt die Patient*innen in den Mittelpunkt ihrer Versorgung
- Ermöglicht es den Patient*innen, täglich wichtige Informationen zu Stimmung, körperlichen Beschwerden, Medikamenten- und Nahrungsergänzungsmitteleinnahmen, Ernährungsverhalten und Eiweißaufnahme, Sportübungen und Bewegung (per Schrittzähler) zu dokumentieren
- Überträgt die Daten direkt in die Fallakte, so dass Adipositas-Lotsinnen und -Lotsen zeitnah den Gesundheitszustand und Therapieverlauf beurteilen können
- Unterstützt die Patient*innen durch nützliche Erinnerungen, die Darstellung der aktuellen und individuellen Therapieziele
- Ermöglicht die Prüfung der Zielerreichung
Digitale Fallakte zur sektorenübergreifenden Kooperation aller Therapeuten
- Dient dem Informations- und Wissensaustausch
- Verknüpft alle relevanten Akteure miteinander (Adipositas-Lotsinnen und -Lotsen, ACHT-Nachsorgepraxen, Sportmediziner*innen)
- Erleichtert die Zusammenarbeit
- Doppeluntersuchungen werden vermieden und gesundheitliche Risiken frühzeitig erkannt
- Die Datenfreigabe erfolgt durch Patient*innen unter Berücksichtigung eines rollenbasierten Nutzerkonzeptes
- Vom Datenschutz geprüft
Regelmäßige, wohnortnahe Ernährungsberatungen
- Ernährungsberatung mit Festlegung individueller Therapieziele durch eine Fachkraft zur Ernährungsberatung der Patienten*innen: Diätassistenten*in, Oecotrophologen*in oder Ernährungswissenschaftler*in, bzw. Diabetesberater*in oder Diabetesassistent*in mit einer Grundausbildung in einem der oben genannten Berufe bzw. Studiengänge
- Individuelle Festlegung und Evaluation der Therapieziele sowie Ernährungsanpassungen gemeinsam mit den Patient*innen im Rahmen der Beratungen
- Unterstützung der Ernährungsberatung in dieser Thematik durch Bereitstellung standardisierter SOPs für die
- Beachtung der Supplementation mit Nährstoffen und des Ernährungsverhaltens
Individualisierte Bewegungsziel-Definition durch Sportmediziner*in
- Objektivierung der körperlichen Leistungsfähigkeit im Rahmen einer anfänglichen Untersuchung
- Definition von individuellen Bewegungstherapiezielen
- Anpassung des Bewegungstherapiekonzepts, so dass es Patient*innen im Alltag mit Unterstützung der App umsetzen können
- Veranschaulichung der Übungen in der Patienten-App durch kleine Filmsequenzen
- Re-Evaluation und Anpassung der Ziele nach 6 Monaten
Psychologische Stabilisierung der Patient*innen
- Kontinuierliche Erfassung der Stimmung in der App
- Erhebung der Stimmung in den regelmäßigen Telefonaten mit den Adipositas-Lotsinnen und -Lotsen
- Sensibilisierung aller medizinischen Akteure für „Alarmsignale“ einer Verschlechterung des psychischen Zustandes als Teil der Schulung
- Durch enge Kooperation mit lokalen „mental health professionals“ schließen von Versorgungslücken v.a. bei kurzfristiger psychischer Verschlechterung
Vernetzung mit der Qualitätssicherungsmaßnahme StuDoQ
- Systematische Überwachung der Qualität der chirurgischen Adipositastherapie durch das etablierte nationale Adipositas-Register StuDoQ der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV)
- Standardisierte Dokumentation zu Basisdaten der Patient*innen, der präoperativen Vorbereitung, den perioperativen Verlauf und der Nachsorge der Patient*innen
- Abstimmung der klinischen Daten, die im Rahmen der ACHT-Studie planmäßig erhoben werden, mit diesem StuDoQ-Register und Übertragung in das Register